Finn Werner: “Entweder im Bundestag oder im Borchardt”.

CDU-Campaigner macht Medien auf gezielte Schmutz-Kampagne gegen CDU-Kanzlerkandidaten Merz aufmerksam. Die Posts werden daraufhin gelöscht.

Manchmal passieren Dinge, die man gar nicht so richtig glauben mag und wo man sich ein wenig die Augen reiben muss. Ein wenig so verhält es sich beim Fall Finn Werner. Die Geschichte fängt bei einem Tweet eines Stern Journalisten an

Er wies darauf hin, dass ein Artikel des Focus ohne Angaben von Gründen gelöscht wurde. Es handelt sich um diesen Artikel hier, der noch archiviert wurde: 

https://ghostarchive.org/archive/94Kxs 

Focus warf der SPD vor eine Kampagne gegen Merz zu organisieren (fast so als dürfe man sowas gar nicht) und löschte den Artikel kurz darauf. Auch das “Medium” des ehemaligen BILD Chef Redakteurs Julian Reichelt griff die Geschichte auf: 

In diesem Artikel stand dann das entscheidende Detail, Focus und Nius bezogen sich auf einen Tweet von Finn Werner:

Und genau dieser Tweet auf den sich Focus und Nius für ihre fingierte Kampagne gegen die SPD bezogen haben, wurde im Nachgang gelöscht. Das ganze wurde von Fabian Grischkat gut auf Instagram aufgearbeitet. https://www.instagram.com/fabiangrischkat/ 

So weit, so verrückt. Aber wer ist dieser Finn Werner überhaupt?

Finn Werner: „Unkompliziert. Unorthodox. Unerschrocken.“ Zumindest schreibt er das über sich selbst auf seiner Agentur-Webseite. Zugegeben, das könnte auch eine recht erfolgreiche Drei-Wort-Charakterisierung auf einer Dating-App sein. Klingt nach Abenteuer. Sein Lebenslauf und Kundenportfolio hingegen lesen sich glatt und klassisch liberal-konservativ, wenig abenteuerlich. Finn Werner schloss seinen Bachelor in Politikwissenschaft und Wirtschaftswissenschaften im Jahr 2022 an der Universität Jena mit Bestnote (1,0) ab.

Schauen wir uns Finns beruflichen Werdegang einmal genauer an: Nach seinem Studium war er Mitglied der Bundestagsfraktion der CDU/CSU und leitete in den letzten zwei Jahren den Social Media Auftritt Alexander Dobrindts, Landkreis Niedersachsen. Seit September 2024 ist der 24-Jährige selbstständig als Gründer & Geschäftsführer seiner eigenen Medienagentur DIGITALIEN und will laut eigenen Aussagen digitale Brücken bauen:

„Die Gen Z kommuniziert und konsumiert fundamental anders als jede Generation vor ihr. Heute swipen sie noch den halben Tag durch TikTok, morgen sind sie Abgeordnete, CEOs und Meinungsmacher. Doch leider wird dieses demografische Segment systematisch falsch angesprochen. Das schafft unnötige Hürden zwischen den Generationen. Aber dafür gibt's ja uns: DIGITALIEN baut digitale Brücken zwischen Ihnen und der Generation Z - den Entscheidern von morgen.“

„Entweder im Bundestag oder im Borchardt“, das schreibt der 24-Jährige auf seiner Webseite. Irgendwie ironisch, wenn man sich sein Kundenportfolio genauer anschaut.  Tagsüber im Bundestag mit Politikern digitale Brücken bauen und abends mit Lobby-Vereinen bei teurem Wein und delikatem Essen die Baupläne perfektionieren. Klingt plausibel, ist aber bestimmt nicht so. Augenzwinker. 

www.digitalien.agency

Zurzeit unterstützt er den Social Media Auftritt von Philipp Amthor und Uwe Dorendorf (MdL). Daneben zählen ein Chemie- und Pharma-Lobbyverband (VCI), eine Jagdschule, der Bund der Steuerzahler Deutschland e.V. (BdST) sowie das Friedrich-Merz-freundliche Magazin gegen den Linksdrift „The Republic“ zu seinen Kunden. Ebenso wie die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM), die ihre Webseite bildgewaltig präsentiert: Die Wirtschaft brennt, SOS, ein flammendes Inferno im Industriewerk. Die Leidtragende aller Krisen ist die Wirtschaft! Finns Interessen-Portfolio ist auf Linie mit Friedrich Merz, dessen Gesicht übrigens auf jeder Startseite Finn Werners Kunden sehr präsent ist. Sei es als Redner, Event-Teilnehmer oder großer Unterstützer… aber das nur nebenbei.

Warum ist Finn Werner, dessen private X, Instagram sowie Threads-Profile nur wenige Follower aufweisen, auf einmal so interessant und einen genaueren Blick wert? Am Samstag 16.11 titelte der Focus, zumindest für zwei Stunden, „SPD plant Schmutz-Kampagne! Frauen sollen Angst vor Friedrich Merz schüren”, danach wurde der Beitrag kommentarlos gelöscht und bis zu einer Klarstellung vergingen zwei Tage.

„Der Inhalt war unter dieser Adresse zu finden gewesen. Von uns als verlässlich eingeschätzte Quellen hatten uns zunächst von einer gezielten Social-Media-Kampagne gegen den Unions-Kanzlerkandidaten ausgehen lassen. Eindeutige Reaktionen der Parteien und weitere Recherchen haben in der Redaktion zu einer neuen Bewertung der Sachlage geführt.“ (Focus online, 18.11.2024)

Natürlich war Julian Reichelt schnell mit dabei und Nius veröffentlichte am Sonntag, einen Tag nach Erscheinen des Focus-Artikels, einen Beitrag, der sich mit der Schmutzkampagne gegen Friedrich Merz auseinandersetzte und als Quelle X-Posts von Finn Werner anführte, die dieser über einen längeren Zeitraum abgesetzt hatte und in denen er der SPD wiederholt vorwarf, gezielt Desinformationen über Merz und seine Haltung gegenüber Frauen zu verbreiten und ihn somit als ungeeigneten Politiker, geschweige denn Kanzlerkandidaten, zu diffamieren.

Dafür würde geeignetes Posting-Material in Form von geschnittenem Video-Content und Briefings und Schildern verschickt werden, Quelle: unklar. Die Rede ist von Anhängern der SPD und AfD, denn laut Reichelt machen die Parteien aktuell gemeinsame Sache, um sich gegen Merz als Kanzler auszusprechen und der CDU zu schaden. Gesponsert wird das alles vom Kreml, na klar. Das Ganze liest sich in bekannter NIUS-Verschwörungstheorien-Tonalität und die Links zu Finn Werners X-Posts, die Reichelts einzige Quelle zu sein scheinen, neben einigen Screenshots und einem LinkedIn Post der Influencerin Diana zur Löwen, funktionieren nicht mehr. Finn Werner repostete NIUS X-Tweet zum Erscheinen der „Recherche“… und löschte ihre Belege. Unerschrocken.

Der Focus  sprach zuvor von exklusiven Informationen und auch die CDU sei bereits informiert: “Wer nichts von sich selbst ins Schaufenster stellen kann, der greift lieber den Gegner frontal an. In dem Fall Friedrich Merz. Nach exklusiven FOCUS Online Informationen plant die SPD eine Diskreditierungskampagne gegen Friedrich Merz. Demnach sollen 100 Frauen sagen, warum sie Angst vor Friedrich Merz haben. Diese Spots sollen Stück für Stück über die sozialen Netzwerke einsickern und das Klischee bedienen, dass Frauen vor dem „alten weißen Mann“ Friedrich Merz Angst haben sollen. Die CDU weiß nach FOCUS-Online-Informationen von dieser Kampagne. Ein Insider sagte gegenüber FOCUS Online, dass man sehr stark sensibilisiert sei.”

Jetzt stellt sich die Frage, wieso er die vergangenen X-Posts, die laut NIUS auf eine Schmutz-Kampagne der SPD gegen Friedrich Merz hinweisen, indem Frauen mobilisiert werden sollten, Angst vor ihm zu schüren, löschte. War er von dem Feedback überrascht? Hatte NIUS die Posts falsch interpretiert und für eigene Zwecke missbraucht? Aber wieso sollte Finn Werner sie dann löschen, wenn es eigentlich keine Belege waren? Die CDU war bereits über die angebliche Schmutz-Kampagne informiert, hatte Finn Werner sie selbst initiiert? 

Zeitlich kamen die Nachrichten über eine angebliche Schmutz-Kampagne der CDU recht gelegen. Gerade mal ein paar Tage zuvor hatte Friedrich Merz die Pläne der Ampel Schwangerschaftsabbrüche bis zur 12ten Schwangerschaftswoche zu legalisieren und damit den leidigen Paragraphen 218 abzuschaffen als skandalös bezeichnet – und sich folglich gegen diese Gesetzesänderung gestellt. Das sorgte für viel Erregung in den sozialen Medien und der CDU-Kanzlerkandidat bekam ordentlich Gegenwind.. Der gebürtige Sauerländer ist bereits in der Vergangenheit mit der Ablehnung von Frauenrechten aufgefallen. 1997 stimmte Merz gemeinsam mit 137 weiteren Abgeordneten gegen die Strafverfolgung von Vergewaltigung innerhalb der Ehe. 

In seinem Weltbild, und den 136 anderen, können Männer ihre Ehefrauen nicht vergewaltigen, höchstens nötigen. Diese Auffassung ist frauenfeindlich und rückständig. Wer nicht mit der Zeit geht, muss mit der Zeit gehen. Das gilt hoffentlich auch für Sie, lieber Herr Merz. Dass das auch für Russland interessant ist und der Kreml somit an einer Schmutz-Kampagne gegen Friedrich beteiligt sein könnte, das vermutet Julian Reichelt, denn schließlich sprach und spricht Friedrich Merz sich für weitere Waffenlieferungen an und Unterstützung für die Ukraine aus.

“…sein könnte, aber nicht sein muss.” - eben! Dass Julian sich in gewohnter Manier einen zurechtschwurbelt, ist nichts Neues. Darüber lohnt es sich nicht weiter zu diskutieren. Welche Rolle Finn Werner in dem ganzen Schmutz-Kampagnen-Debakel spielt, ist hingegen sehr interessant und es wird wohl auch nicht das letzte Mal gewesen sein, dass wir etwas von dem digitalen Brückenbauer hören werden.

Ich bin gespannt…





Quellen: 

https://www.digitalien.agency/

https://www.nius.de/politik/news/spd-afd-friedrich-merzrussland-frauen-kampagne-cdu-social-media-tiktok/cfcbb22b-0c2f-49ea-83d6-0dea817b030d

https://www.focus.de/politik/deutschland/aktualisierung-neue-erkenntnisse-zu-bericht-ueber-social-media-kampagne-gegen-merz_id_260486259.html

https://www.turi2.de/aktuell/social-media-manager-finn-werner-verlaesst-die-csu-landesgruppe-im-bundestag/